Unser Roadtrip begann – wie soll ich sagen – mit einer guten Portion Chaos und Improvisation. Die Idee: Ein verlängertes Wochenende im Dachzelt, ein bisschen digital detox in der Natur.. Die Realität: falsche Dachträger, verspätete Lieferungen und ein Last-Minute-Packmarathon.

Das Dachzelt kam immerhin drei Tage früher als geplant per Spedition, aber die Dachträger für unseren Dacia Duster Baujahr 2019 entpuppten sich als komplizierter Fall. Samstagmittag stand ich vor der Frage: Wo finde ich jetzt noch passende Träger? Die Lösung: Onlinebestellung mit Nervenkitzel – Lieferankunft buchstäblich in letzter Minute.

Am Mittwochabend um 21 Uhr war das Zelt endlich montiert, aber noch nichts gepackt. Der Plan: Donnerstagfrüh starten. Zehn Stunden zum Packen, Planen – und vielleicht ein paar Stunden Schlaf. Der Gedanke an einen entspannten Start ins Wochenende? Eher Wunschtraum.

Wenigstens hatte ich am Montag schon die Landvergnügen-App installiert und uns registriert. Für alle, die’s noch nicht kennen: Landvergnügen ist ein Campingkonzept, bei dem man mit dem eigenen Camper, Wohnmobil oder eben Dachzelt auf landwirtschaftlichen Höfen in ganz Deutschland übernachten kann – kostenlos, mit der passenden Jahresmitgliedschaft. Ein echtes Mikro-Abenteuer vor der Haustür.

Mit dem Suchfilter „Dachzelt“, „Toilette“ und „max. 90 Minuten Fahrt“ landeten wir bei einem wunderschönen Bauernhof nahe Oettingen in Bayern. Und das Beste: Unser Stellplatz war direkt neben einer Eselwiese – Naturidylle pur.

Nach einem kurzen Anruf war klar: Der Platz ist frei, das Wochenende gerettet. Unser kleines Abenteuer auf vier Rädern konnte losgehen – vielleicht nicht perfekt geplant, aber definitiv mit Herz.

Tag 1: Ohne Autobahn zum Holunderhof – Entschleunigung im Dachzelt

Wir entschieden uns bewusst gegen die Autobahn. Der Weg ist schließlich Teil des Erlebnisses – gerade wenn man mit dem Dachzelt unterwegs ist und die Landschaft an sich vorbeiziehen lässt. Unser Ziel: der Holunderhof Lohe bei Oettingen, entdeckt über Landvergnügen.

Der erste Aufbau des Dachzelts hat problemlos geklappt

Dass Oettingen am Jakobsweg liegt, wussten wir – aber dass unser Stellplatz direkt auf einem Hof liegt, der regelmäßig Pilger:innen beherbergt, war eine schöne Überraschung. Beim herzlichen Empfang durch unsere Gastgeberin Sieglinde erfuhren wir, dass auch sie selbst den Jakobsweg etappenweise geht. Im Gespräch spürte man sofort: Hier treffen sich Menschen, die unterwegs sind – nicht nur geografisch, sondern auch innerlich.

Unsere direkten Zeltnachbarn

Für den nächsten Morgen bot Sieglinde sogar eine geführte Sonnenaufgangs-Wanderung an – mit Geschichten rund um den Jakobsweg und spannenden Einblicken in die heimische Kräuterkunde. Leider war die Tour bereits ausgebucht. Aber das machte nichts – es war einfach einer dieser schönen Momente, die den Wunsch hinterlassen, wiederzukommen.

Unser Stellplatz auf dem Holunderhof

Der Abend war ruhig, fast magisch. Das Dachzelt aufgebaut, die Esel neugierig am Zaun, der Blick über die Felder weit. Wir kamen an – nicht nur körperlich, sondern auch im Moment.

Tag 2: Zwischen Kräuterzauber, Jakobsweg und Realität auf dem Biohof

Unsere erste Nacht im Dachzelt war – sagen wir mal – ausbaufähig. Die Matratze: etwas zu hart. Die Musik vom Festival drei Kilometer Luftlinie entfernt: etwas zu laut. Und der Schlaf? Nun ja, eher ein Zwischenstopp als Tiefenentspannung. Aber trotz allem: Wir waren jetzt schon überzeugt, dass die Entscheidung für ein Dachzelt goldrichtig war.

Am nächsten Morgen sah es ein bisschen Chaotisch aus

Nach dem morgendlichen Zusammenpacken besuchten wir nochmal Sieglindes kleinen, liebevoll geführten Hofladen. Dort versorgten wir uns mit selbstgemachten Kräuterschätzen wie Waldmeisterzucker und Bärlauchsalz – jedes Glas mit Persönlichkeit und Hingabe hergestellt.

Unsere nächste Etappe führte uns über Landstraßen weiter nach Mammendorf, zu einem, laut Beschreibung, Biohof, erneut gefunden über die Landvergnügen-App. Der Stellplatz: einfach traumhaft. Und als wäre es geplant gewesen, entdeckten wir dort das sogenannte „Jakobsstüberl“ – ein liebevoll eingerichteter Raum mit Erinnerungsstücken vom Jakobsweg, den unser Gastgeber selbst gepilgert ist. Ein schöner Zufall, der sich wie ein roter Faden durch unsere Reise zog.

Jakobsstüberl in Mammendorf

Leider blieben die weiteren Eindrücke durchwachsen. Für die Nutzung von Toilette, Dusche und Strom wurden 25 € fällig – ein starker Kontrast zu den 6 € am Vortag. Im Hofladen gab es ausschließlich festes Shampoo und Apfelsaft, obwohl laut Beschreibung frisches Obst und Gemüse zu erwarten gewesen wäre. Unsere Platznachbarn aus der Schweiz, ebenfalls Landvergnügen-Neulinge, teilten unsere Enttäuschung.

Unser idyllischer Stellplatz in Mammendorf

Doch: Die malerische Lage unseres Stellplatzes machte vieles wett. Umgeben von sanften Hügeln und mit weitem Blick in die Natur fanden wir Ruhe – und nutzten den Abend, um den letzten Stopp unserer Tour zu planen. Nach ein paar Telefonaten war klar: Unser finales Ziel wird ein Campingplatz in Lechbruck.

Tag 3: Dachzelt-Romantik am See – Abschied mit Sonnenuntergang und Chili sin Carne

Die Nacht war deutlich ruhiger als die vorherigen – wir fanden endlich echten Dachzelt-Schlaf, der seinem Namen gerecht wurde. Gut ausgeruht brachen wir früh auf in Richtung Lechbruck, mit einem leckeren Zwischenstopp in Landsberg am Lech, wo wir in einem kleinen Café mit Blick auf die Altstadt ein herrliches Frühstück genossen.

Traumhaftes Frühstück in Landsberg am Lech

Bis zur Check-in-Zeit um 14 Uhr überbrückten wir die Wartezeit mit einem Eis in der Sonne und einem kleinen Spaziergang entlang des Lechs. Der Fluss schimmerte in der Vormittagssonne, während wir die Ruhe genossen – ganz im Sinne unserer Reise zwischen Entschleunigung, Natur und kleinen Entdeckungen auf Nebenstrecken.

Am Campingplatz Via Claudia angekommen, wurden wir freundlich empfangen und zu unserem Stellplatz geführt. Die Lage war – abgesehen vom fehlenden Schatten – ideal: ruhig, eben und zentral zwischen gepflegten Sanitäranlagen und dem glitzernden See. Der Platz ist eine echte Empfehlung für alle, die mit dem Dachzelt unterwegs sind – auch wenn wir dort mit unserer mobilen Behausung eher Exoten waren.

Den Nachmittag verbrachten wir ganz entspannt am Wasser und schlenderten über das Gelände. Die wenigen anderen Dachzelte waren schnell gezählt – ein Zeichen dafür, wie besonders diese Art zu reisen noch immer ist. Am Abend machten wir es uns „camperklassisch“: Chili sin Carne aus der Dose, warm gemacht auf dem Gaskocher. Dazu: ein Sonnenuntergang über dem See, eingerahmt vom Alpenpanorama. Ein Moment, der hängen bleibt.

Liegewiese auf dem Campingplatz Via Claudia

Unsere dritte – und leider letzte – Nacht war die beste des gesamten Trips. Vielleicht, weil das Dachzelt inzwischen unser kleines Zuhause geworden war. Vielleicht auch, weil man in der Natur lernt, jeden Augenblick ein bisschen mehr zu genießen.

Fazit: Drei Tage, ein Dachzelt und die Lust auf mehr

Unser erster Trip mit dem Dachzelt war alles andere als perfekt – und genau das machte ihn besonders. Von chaotischem Start über spontane Umwege bis zu magischen Sonnenuntergängen am See: Es war eine Reise, die nicht nach Plan verlief, aber dafür mit Momenten belohnte, die man nicht hätte planen können.

Dank Landvergnügen haben wir Orte entdeckt, die wir sonst nie gefunden hätten – wie den Holunderhof Lohe mit Pilgerherberge und Eselsnachbarn oder das kleine Jakobsstüberl auf dem Biohof. Überhaupt zog sich der Jakobsweg, dieses Mal eher unbewusst, wie ein roter Faden durch unsere Tage. Wir haben gemerkt: Auch im Kleinen kann man pilgern – durch Gespräche, Begegnungen und Entschleunigung. Ganz nach dem Motto Camino Corto, der kurze Weg.

Was wir gelernt haben? Dass Improvisation ein Teil vom Abenteuer ist. Dass man beim Dachzelt nicht alles perfekt wissen muss, sondern einfach loslegen darf. Und dass echte Erlebnisse oft dort warten, wo man nicht hinschaut.

Eins steht fest: Das war erst der Anfang. Der nächste Trip ist nur eine geöffnete Landvergnügen-App entfernt.

Dachzelt Quechua MH500 auf einem Dacia Duster auf einem Landvergnügen Platz


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